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Gesprächsrunde im Nachgang zur Umfrage zu den US-Strafzöllen

Über 30 Mitglieder haben an der Umfrage zu den US-Strafzöllen teilgenommen und damit einen wertvollen Beitrag zur Einschätzung der aktuellen Lage geleistet. Inzwischen hat sich die Situation zwar etwas entspannt, dennoch bleiben viele Fragen offen.

Vor diesem Hintergrund haben H+I Mitglied Axel Ritzberger, H+I Präsident Ivo Huber und H+I Geschäftsführer Christian Grätzer an einem spannenden Austausch über die aktuellen Entwicklungen, die transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen, die Bedeutung des Föderalismus in Europa sowie weitere globale Herausforderungen teilgenommen. Axel Ritzberger ist ehemaliger CEO der Utz Gruppe mit breiter internationaler Erfahrung und bester politischer und wirtschaftlicher Vernetzung, insbesondere auch in den Märkten USA und China.

Die wichtigsten Erkenntnisse aus dieser spannenden Diskussion möchten wir gerne mit Ihnen teilen.

Beziehung USA-Schweiz mit grossem Potenzial

Die politische Situation in den USA unter der Präsidentschaft von Donald Trump wurde in der Gesprächsrunde differenziert betrachtet. Zwar sei die Polarisierung der politischen Landschaft auffallend und teilweise bedenklich, doch könne die strategische Ausrichtung unter der Trump-Regierung wirtschaftlich als durchaus positiv und einer Logik folgend bewertet werden.

Besonders aus Schweizer Perspektive eröffnen sich neue Chancen: Die Schweiz sei in der Lage, als eines der ersten Länder ein bilaterales Handelsabkommen mit den USA zu schliessen und dieses könne sogar vorteilhafter sein, als die bis anhin bestehenden Strukturen und Verträge.

Diese Möglichkeit steht in direktem Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Präsenz der Schweiz in den USA, welche gemäss Axel Ritzberger in den USA definitiv wahrgenommen und positiv bewertet werde. Schweizer Firmen würden aktiv und sichtbar in den USA einkaufen, produzieren und verkaufen. Die Schweiz ist nämlich laut US Bureau of Economic Analysis der viertgrösste ausländische Investor in den Vereinigten Staaten, mit einem Bestand von über 300 Milliarden USD an ausländischen Direktinvestitionen (zu den detaillierten Zahlen).

Axel Ritzberger betont auch die Offenheit und aktive Standortförderung auf Bundesstaatenebene in den USA, was einen klaren Unterschied zur teilweise bürokratisch geprägten Praxis in Europa darstelle.

Trennung von Person und Politik: Trump als wirtschaftspolitischer Akteur

In der Diskussion wurde auch klar zwischen Donald Trump als Person und seiner Wirtschaftspolitik unterschieden. Während seine Persönlichkeit und sein Kommunikationsstil der „Schweizerischen Art“ widersprechen, ist seine wirtschaftspolitische Linie mit Positionen bürgerlicher und wirtschaftsliberaler Parteien in der Schweiz vergleichbar. Viele Unternehmer und wirtschaftsliberale Akteure könnten sich daher trotz persönlicher Abneigung gegenüber Trump mit seinen wirtschaftlichen Positionen identifizieren.

Gesellschaftliche Prioritäten und wirtschaftliche Herausforderungen in den USA

Weiter angesprochen wurde das Alltagsverständnis amerikanischer Bürger: Eigentum, insbesondere das eigene Haus und Grundstück, hat in den USA einen hohen kulturellen und ökonomischen Stellenwert. Die aktuell hohe Inflation trifft daher viele Haushalte besonders hart und ist bei den Bürgern ein entscheidender Faktor für die Bewertung der Wirtschaftspolitik der amerikanischen Regierung. Kurz gesagt, die Leistungsfähigkeit einer Regierung wird von vielen US-Bürgern daran gemessen, ob sich ihre persönliche finanzielle Situation verbessert oder verschlechtert. Die aktuelle «Trump-Politik» zur Förderung der amerikanischen Wirtschaft hat somit also einen direkten Einfluss auf die fortwährende Unterstützung der Regierung durch die amerikanische Bevölkerung.

Föderalismus in der Schweiz und in Europa

Die EU unterliegt mit ihrer Wirtschafts- und Verteidigungspolitik föderalistischen Ansätzen, scheitert jedoch oft an der mangelnden Einheitlichkeit und langer Reaktionszeiten. Axel Ritzberger spricht in diesem Zusammenhang sogar von einer «Fehlkonstruktion der EU». Die Gesprächsrunde ist sich einig, dass ein funktionierendes föderalistisches System in Europa und damit eine gemeinsame europäische Verteidigung ein bedeutender Schritt hin zu strategischer Autonomie und einem politisch sowie wirtschaftlich starken Europa sein könnte.

Der ehemalige Kantonsrat Christian Grätzer hob hervor, dass Föderalismus dann besonders effektiv sei, wenn Entscheidungsprozesse dezentral und auf lokaler Ebene geführt würden, insbesondere dort, wo die finanziellen Konsequenzen direkt spürbar sind. Dies entspricht dem Subsidiaritätsprinzip, das auch in der Schweiz stark verankert ist.

Währungspolitik und die Rolle des starken Frankens

Diskutiert wurde auch der Einfluss des Wechselkurses auf die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft. Während ein starker Franken traditionell bei früheren Generationen als Ausdruck wirtschaftlicher Stärke gewertet wurde, muss dies heute definitiv differenzierter betrachtet werden. Ivo Huber ergänzte, dass gemäss seiner Erfahrung der starke Franken beispielsweise den Tourismus in der Schweiz in den letzten Jahren weniger beeinflusst habe, als dies früher der Fall war. Axel Ritzberger weist auf die Herausforderungen des Werkplatzes Schweiz hin, welcher unter dem starken Franken immer kleiner wird.

Geopolitik und Rohstoffsicherung: China als systemischer Wettbewerber

Die Gesprächsrunde thematisierte auch kurz Chinas Rolle in der globalen Entwicklungspolitik. China investiert massiv in Infrastrukturprojekte in Ländern des globalen Südens, etwa im Rahmen der „Belt and Road Initiative“ (BRI). Kann ein Land seine Schulden nicht begleichen, sichert sich China häufig Rechte an strategisch wichtigen Rohstoffen oder Infrastrukturen. Dies ist ein Vorgehen, das international zunehmend als „Schulden-Diplomatie“ kritisiert wird.

Erfolgsmodell Schweiz: System statt Ressourcen

Abschliessend wurde die Frage aufgeworfen, warum die Schweiz denn trotz fehlender natürlicher Ressourcen zu einem wirtschaftlich erfolgreichen Player weltweit avancieren konnte. Der Erfolg wird auf ein gut funktionierendes politisches System, hohe Verhandlungskompetenz und institutionelle Stabilität zurückgeführt. Gerade die Notwendigkeit, ohne Rohstoffe auszukommen, habe die Innovationskraft und Effizienz in Politik und Wirtschaft gefördert.

 

Text: Manuela Brugger / Bild: mit KI erstellt


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